Futterlob ohne Bettelei – geht das überhaupt?

Viele Pferdemenschen sind skeptisch, wenn es um die Arbeit mit Futterbelohnungen geht. Ein häufiger Gedanke: „Ich will keine Bettelei fördern.“ oder "Den kann man nicht mit Futter arbeiten, der wird dabei immer so gierig!"
Die Sorge ist verständlich – niemand möchte ein Pferd, das drängelt, schnappt oder ungeduldig wird. Doch mit dem richtigen Training und einem guten Timing des Menschen lässt sich Futterhöflichkeit innerhalb von relativ kurzer Zeit etablieren.
Wodurch entsteht „Betteln“?
Wenn ein Pferd beim Training mit Futter unhöflich wird, liegt das in den wenigsten Fällen am Futter selbst.
Vielmehr fehlt es oft an klaren Regeln und vor allem am richtigen Timing des Menschen. Wenn du hier nicht eindeutig bist, weiß dein Pferd nicht, welches Verhalten erwünscht ist.
Schlechtes Timing
Wenn du aus Versehen das Falsche belohnst, also z.B. das Betteln, weil es doch etwas länger gedauert hat, bis du das Leckerli aus der engen Tasche gepfriemelt hast und dein Pferd derweil schon mal mit der Nase zu dir kam, um nachzusehen wo das Leckerli denn bleibt, dann wird dein Pferd weiterhin das Betteln zeigen.
In diesem Fall verknüpft dein Pferd das Betteln mit dem Leckerli, da das Betteln das Verhalten war, das es gezeigt hat direkt bevor es das Leckerli bekommen hat.
Zu große Trainingsschritte
Sehr häufig ist auch, dass man am Anfang zu viel von seinem Pferd erwartet. Im Umgang mit Futter sind viele Pferde anfangs wie kleine Kinder: Sie können nicht stillhalten und warten. Wenn man sie dann zu lange warten lässt, werden sie ungeduldig und kommen in den Frust rein. Auch das äußert sich häufig in aufdringlichen Verhalten.
Futterhöflichkeit trainieren
Statt unerwünschtes Verhalten zu korrigieren, ist es effektiver, gewünschtes Verhalten von Anfang an zu fördern. Das bedeutet:
- Eindeutigkeit: Das Pferd lernt, dass es eine Belohnung nur für ein höfliches Verhalten erhält, nicht für das Fordern der Belohnung.
- Gutes Timing: Die Belohnung erfolgt unmittelbar nach dem gewünschten Verhalten. Unmittelbar bedeutet am besten innerhalb von weniger als einer Sekunde.
- Einführung eines Brückensignals: Ein Brückensignal wie z.B. ein Click oder ein Lobwort vermittelt deinem Pferd, dass das Verhalten, was es gerade gezeigt hat, richtig war und dass jetzt gleich die Belohnung kommt. Du schaffst damit zusätzliche Klarheit, weil das Leckerli nur nach einem Brückensignal kommt.
- Ruhige Atmosphäre: Ein entspannter Trainingsrahmen hilft dir und deinem Pferd, euch auf die Aufgabe zu konzentrieren.
Durch ein gezieltes Training der Futterhöflichkeit verstehen Pferde sehr schnell, dass nur ein höfliches Verhalten zum Erfolg führt.
Ehrliche Höflichkeit statt Korrektur
Ein wichtiger Aspekt ist, dass das Pferd lernt, aus eigenem Antrieb höflich zu sein – nicht nur, wenn es beobachtet wird.
Wenn wir unser Pferd ständig korrigieren oder das Pferd physisch zurückhalten, lernt es lediglich, sich in unserer Anwesenheit zu beherrschen. Ziel sollte jedoch sein, dass das Pferd auch in unserer Abwesenheit (z.B. wenn wir etwas weiter von unserem Pferd entfernt stehen oder mit der Aufmerksamkeit bei der Stallkollegin sind) höflich bleibt.
Die echte Höflichkeit erhalten wir nur dann, wenn wir konsequent darauf achten, nicht-aversiv zu trainieren. Das heißt dass Korrekturen wie ein "Nein!" oder ein Wegschieben des Pferdekopfes mit der Hand oder gar ein Schlag auf das Pferdemaul tabu sind!
Beispiel aus dem Grastraining
In dem folgenden Foto seht ihr ein Beispiel aus unserem Grastraining. Grastraining ist im Grunde Training der Futterhöflichkeit unter Extrembedingungen.
Ich frage Mira, ob sie ihre Nase am Nasentarget halten kann, während viele leere Futterkübel um sie herum stehen und ich zusätzlich noch einen Futterkübel schwenke.
Das Training mit den Futterkübeln ist aber ein Zwischenschritt auf dem Weg zum Grastraining. Wenn sich mein Pferd schon von (leeren) Futterkübeln ablenken lässt, dann brauche ich gar nicht versuchen, mit meinem Pferd im Frühjahr über eine saftige Wiese zu gehen.

Fazit
Futterhöflichkeit ist keine Frage von Disziplinierung, sondern von klarer Kommunikation und gutem Training. Mit der richtigen Herangehensweise und vor allem einem guten Timing wird dein Pferd in der Regel innerhalb von wenigen Trainingseinheiten verstehen, welches Verhalten erwünscht ist, und dieses freiwillig zeigen – ganz ohne Bettelei.
Ich unterstütze dich bei der Futtererziehung
Um euch beim Training der Futtererziehung zu unterstützen, habe ich für euch den Ratgeber mit 4 Übungen für mehr Futterhöflichkeit geschrieben.
Und du bekommst den Ratgeber sogar kostenlos! Warum? Weil mir das Thema Futterhöflichkeit sehr am Herzen liegt und ich mir wünsche, dass mehr Leute das Futterlob als das sehen, was es ist: ein geniales Hilfsmittel im Training, das die Motivation der Pferde deutlich erhöht.
Mai 2025